Generation Y als Mitarbeiter – was tun?

Das Wichtigste in Kürze für Geschäftsführer und Personalleiter

Von Kathrin Lauber

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Wer ist die Generation Y?
  2. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
  3. Charakteristika der Generation Y
  4. Generation Y im Arbeitsleben
  5. Beziehung zum Job/Arbeitgeber
  6. Was ist der Generation Y bei der Arbeitgeberwahl wichtig?
  7. Wie geht man nun als Arbeitgeber mit der Generation Y um?

7.1 Die Macht der Umstände

 

Der folgende Blogeintrag ist aus einem Vortrag entstanden, welchen ich auf Anfrage bei der Geschäftsleitung einer Firma gehalten habe. Das Ziel war es, Antworten auf die Frage zu finden, wie man mit der Generation Y im Arbeitskontext umgeht. Zu diesem Zweck habe ich eine Literatur- und Internetrecherchen vorgenommen, aber auch meine eigene Perspektive als Angehörige der „Generation Y“ mit eingebracht. Die Präsentation hat über zwei Stunden gedauert, da die Inhalte zu zahlreichen lebendigen und produktiven Diskussionen angeregt haben.

Generation Y Präsentation

Wer ist die Generation Y? – Herrlich unklar

Bereits die Definitionen, in welchen Jahren die Generation Y geboren wurde, variieren enorm, wobei der Anfangspunkt durchschnittlich etwa bei 1985 und der Endpunkt bei 1995 gesetzt wurde. Zusätzlich scheint sich „Generation Y“ mit anderen Phänomenen wie „Millenials“ und „Digital Natives“ stark zu überschneiden. Zum Verhalten von Generation Y-ern im Arbeitsleben habe ich keine aussagekräftigen empirischen Studien, sondern vor allem Erfahrungsberichte oder umfragenbasierte theoretische Werke gefunden. Der Mangel an empirischer Forschung könnte einerseits dadurch erklärt werden, dass man die Umstände des Aufwachsens einer Bevölkerungsgruppe weder gezielt kontrollieren noch gründlich erfassen kann, was dazu führt, dass man die Ursachen möglicher Generationsunterschiede nicht zuordnen kann. Ein weiteres Problem ist, dass sich die Forschung über die Existenz einer abgrenzbaren Generation Y nicht einig ist. Da sich in aber Umfragen (z.B. gfs-Bern Jugendbarometer) relativ klare Veränderungen in den Werten und Einstellungen abzeichnen, halte ich es, wie zahlreiche Autoren auf diesem Gebiet, für sinnvoll, die betroffene Altersgruppe zusammenzufassen, um sie untersuchen zu können.

 

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen für die Generation Y

Als eine Quelle möglicher Unterschiede der Generation Y zu früheren Generationen werden die Umstände des Aufwachsens genannt. Nach der Sozialisationshypothese sind die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen während der prägenden Phase von ca. 16 bis 24 besonders ausschlaggebend für die Werte, welche eine Person annimmt. Im Falle der Generation Y wäre dies zum Beispiel die Schwerpunktverschiebung vom sekundären (Industrie, Güterverarbeitung) zum tertiären (Dienstleistungen, Verwaltung) Wirtschaftssektor. Häufig wird auch die andauernde Verschiebung von materiellen zu postmateriellen Werten nach Ronald Inglehart (1989) als wichtiger Einflussfaktor der Generation Y genannt. Hierbei handelt es sich um den Wertewandel weg von materialistischen (Besitz & Vermögen) hin zu postmaterialistischen (Selbstverwirklichung & Kommunikation) Werten, welcher eine Folge des Wirtschaftswunders und des daraus entstehenden Wohlstands sei. Nennenswert ist auch der Trend von einer kollektivistischen zu einer eher individualistischen Gesellschaft. Dies ist aber nicht mit steigendem Egoismus gleichzusetzen, sondern eher mit einer stärkeren Eigenständigkeit und der Verlagerung des Betrachtungsmittelpunkts vom Kollektiv (z.B. Familie, Betrieb) zum Individuum. Eine weitere, sehr wichtige Gesellschaftliche Rahmenbedingung für die Generation Y sind die rasant ansteigenden Wahlmöglichkeiten. Es gibt immer mehr Marken, Produkte, aber auch Karrierewege und Arbeitgeber, die für uns zugänglich sind und zwischen denen man sich entscheiden muss. Der folgende Abschnitt wird näher auf die möglichen Auswirkungen dieser und der anderen Rahmenbedingungen auf die Generation Y eingehen.

Schule und Ausbildung spielen bei der Prägung der Generation Y natürlich eine essentielle Rolle. Schüler wachsen in einem Umfeld mit wenig Autorität, viel Partizipation und regelmässiger Teamarbeit auf. Das Schulsystem, welches gerade in Deutschland sehr Leistungs- und Notenorientiert ist, hat einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das Verhalten junger Personen im Arbeitsleben.

Charakteristika der Generation Y

Dadurch, dass man einige der Rahmenbedingungen kennt, in denen die Generation Y aufgewachsen ist, kann man Annahmen darüber treffen, wie sich diese auf deren Werte und Verhalten ausgewirkt haben. Die Individuen, welche unter diesem Begriff zusammengefasst werden, sind aber, wie jede andere Generation, enorm divers und unterscheiden sich untereinander stark. Die im Folgenden vorgestellten Annahmen über Charakteristika der Generation Y sind deshalb mit Vorsicht zu interpretieren.

Eigenschaften Generation Y

Abb. 1: Charakterisierungsversuch der Generation Y (Schulenburg, 2016). So einfach ist es aber nicht.

Die wachsenden Wahlmöglichkeiten, mit denen die Generation Y aufgewachsen ist, führt zu einem ausgeprägten Entscheidungsbewusstsein und einer starken Routine, die schnellere Entscheidungen ermöglicht (Parment, 2016). Gerade bei wichtigen Entscheidungen wie der Auswahl des Berufes oder des Studienfachs müssen Generation Y-er eine Vielzahl von Möglichkeiten abwägen, was relativ belastend sein kann. Das Bewusstsein, so viele Möglichkeiten nicht ausnutzen zu können, löst bei den Betroffenen Stress aus (Paterson & Neufeld, 1995). Dies führt, in Kombination mit anderen Faktoren wie z.B. den unstabilen Arbeitsbedingungen in manchen Berufen, zu einer wahrgenommenen Unsicherheit, die ständig präsent ist.

Generation Y im Arbeitsleben

Zwei häufig genannte Gemeinsamkeiten der Generation Y sind eine starke Freiheitsorientierung und eine hohe Flexibilität. Dies geht einher mit einer Präferenz für flache Hierarchien, auch geringe Machtdistanz genannt. Dies bedeutet, dass Generation Y-er im Vergleich zu früheren Generationen weniger auf Autorität ansprechen, da Werte wie Pflicht und Akzeptanz mit dem Materialismus abgenommen haben. Andererseits können sie sich schneller wechselnden Umständen anpassen und sind bei der Lösungsfindung flexibel, insofern man ihnen dabei die benötigte Freiheit gibt. Gerade deshalb wird Flexibilität bezüglich Arbeitszeit, -ort und Strukturen/Prozessen von Forschern wie Parment (2016) als wichtige Führungskomponente beschrieben.

Generation Y Partnergesellschaft

Abb. 2: Über 88% der Befragten zögern gemäss Generation Y-Fragebogen, für eine Partnergesellschaft zu arbeiten (Parment, 2009).

Den Angehörigen der Generation Y scheint auch eine gewisse Ungeduld gemeinsam zu sein. Durch das Aufwachsen mit Technologien wie Mobiltelefonie und dem Internet haben wir in den meisten Situationen sofort eine Beschäftigung bereit. Wir sind „channel-switching“, das schnelle Wechseln zwischen Kommunikationsmedien, z.B. Computer und Smartphone, gewohnt. Im Arbeitsleben kann sich dies einerseits negativ auswirken, indem in kurzen Pausen zwischen Aufgaben sofort auf Facebook zurückgegriffen wird. Andererseits kann diese Eigenschaft die Produktivität und Schnelligkeit, mit der einige Aufgaben gelöst werden, auch erhöhen.

Ein weiterer häufig erwähnter Aspekt ist die Notwendigkeit für regelmässiges und schnelles Feedback. Meiner Meinung nach widerspiegelt dies ein Bedürfnis nach Orientierung und Absicherung, nicht aber Unselbstständigkeit. Gerade in Schule und Universität wird meiner Erfahrung nach oft viel Freiheit gegeben und zu selbstständigem Denken angeregt, andererseits wird man aber dazu ermutigt, bei Unsicherheiten Feedback zu suchen bevor man grobe Fehler begeht. Diese Einstellung nehmen viele Schulabgänger mit in den Job.

Beziehung zum Job/Arbeitgeber

Angehörige der Generation Y verpflichten sich seltener als frühere Generationen langfristig einem Unternehmen (z.B. Parment, 2009). Sie beginnen einen Job oft schon mit der Einstellung, nur wenige Jahre bei dieser Firma zu bleiben. Dies hat weniger mit der Qualität der Firma zu tun als mit der Einstellung, dass man Erfahrung möglichst bei verschiedenen Unternehmen sammeln und sich ständig weiterbilden sollte. Karrieretechnisch dies im Vergleich zu einer Laufbahn bei einem einzigen Unternehmen als vorteilhafter dargestellt.

Das Gerechtigkeitsempfinden wird bei der Generation Y auch als ausgeprägt beschrieben (Schulenburg, 2016), was auch mit grosser Wahrscheinlichkeit auf das Aufwachsen in einer Zeit zurückzuführen, in denen Gleichberechtigung ein grosses Thema war und immer noch ist. Eine häufig vertretene Einstellung ist die, dass gleiche Leitung gleich bezahlt werden sollte, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Besonders in der Lohnpolitik kann dies zu Spannungen führen.

Was ist der Generation Y bei der Arbeitgeberwahl wichtig?

Aus Umfragen wie dem schwedischen Jugendbarometer (Ungdomsbarometern, 2013) geht hervor, dass die Generation Y bei der Arbeitgeberwahl besonderen Wert auf interessante und sinnvolle Arbeitsinhalte, Work-Life-Balance und eine gute Gemeinschaft unter Kollegen legt. Ein hohes Gehalt stand, was manchen Leser überraschen mag, bei den gefundenen Umfragen nie an erster Stelle. Hier finde ich es wichtig, den Punkt der Sinnhaftigkeit der Arbeit zu betonen, da mir dies als zentral erscheint. Mir ist es, wie sicher vielen anderen Generation Y-ern, von grosser Bedeutung, dass die Arbeit, welche ich mache, einen für mich erkennbaren Sinn hat und mich nicht nur beschäftigt. Work-Life-Balance wird ein zunehmend wichtiger Punkt, was unter anderem damit erklärbar ist, dass sich meine Generation auf ein längeres Arbeitsleben bis zur Rente vorbereiten muss als vorhergehende Genrationen, wodurch eine gesunde Balance zwischen Job und Privatleben für viele an Bedeutung gewinnt.

Wie geht man nun als Arbeitgeber mit der Generation Y um?

Generation Y Leistunkskubus

Abb. 3: Leistungskubus: Das Volumen gibt an, wie viel Leistung ein Mitarbeiter bringen kann. Abhängig von den Eigenschaften der jeweiligen Person, des Chefs und der aktuellen Arbeitsumstände im Unternehmen.

Die Antwort auf diese Frage habe ich anhand eines Leistungskubus erklärt. Dieser umfasst drei Dimensionen, deren Ausprägung variieren kann: Die Person, der Chef und die Umstände. Die Person-Achse stellt die persönlichen Voraussetzungen des Mitarbeiters, wie z.B. Intelligenz, Persönlichkeit und Tagesform dar. Die Chef-Achse repräsentiert die Führungskompetenzen des Chefs und die Umstände-Achse steht für die Arbeitsumstände in dem Unternehmen.

Die Ausprägung aller drei Achsen kann variieren und sich über die Zeit hinweg verändern. Daraus ergibt sich das Volumen des Leistungskubus, welcher für die Wertschöpfung der Person über eine Zeitspanne steht. Je grösser dieser, desto besser die Leistung. Das im Folgenden beschriebene Szenario erklärt dieses Modell an eines Beispiels.

Leistungskubus Beispiel 1

Abb. 4.1: Die Umstände in einer Firma verschlechtern sich (z.B. zu wenige oder zu viele Aufträge, Konflikte unter Mitarbeitern, etc.).

Leistungskubus Beispiel 2

Abb. 4.2: Dazu kommt ein schlecht führender Chef, der möglicherweise sogar für die schlechten Arbeitsumstände verantwortlich ist. All dies reduziert die Leistung eines Mitarbeiters massgeblich.

Leistungskubus Beispiel 3

Abb. 4.3: Auch wenn nun der Mitarbeiter durch einen neuen, leistungsfähigeren Mitarbeiter ausgetauscht wird (Bild rechts), ist der Leitungsgewinn nur minim.

 

Der folgende Abschnitt geht darauf ein, was die unterschiedliche Variabilität der Leistungskomponenten für den Umgang mit der Generation Y bedeutet.

Die Macht der Umstände

Die drei Leistungskomponenten können zwar alle durch Unternehmensentwicklung und andere Eingriffe von aussen variiert werden, aber unterschiedlich stark. Mann kann probieren, Personen oder Chefs zu verändern, z.B. durch Weiterbildungen. Die Marge für erreichbare Veränderungen ist hier aber relativ klein. Die Macht der Umstände ist allerdings um einiges grösser und birgt viel Potential für Veränderung. Das „Stanford Prison Experiment“, welches in den 70er-Jahren von Zimbardo durchgeführt wurde, legt nahe, dass der Einfluss der Umstände auf unser Verhalten stark unterschätzt wird und wahrscheinlich sogar stärker ist als der Einfluss unserer Persönlichkeit. In Anbetracht dessen ist es viel sinnvoller, ein produktives Umfeld für alle Mitarbeiter zu schaffen anstatt bestimmte Mitarbeiter wegen ihrer Generationszugehörigkeit anders zu behandeln, sie zu verändern zu wollen oder zu ersetzen. Dies wäre sehr kosten- und energieaufwändig und höchstens mässig produktiv.

Generation Y Leistungskubus

Abb. 5: Die roten Linien stellen beispielhaft dar, wie stark die Dimensionen von Aussen variiert werden können.

2ease erlaubt es, Mitarbeitern eine gewisse Flexibilität und Freiheit in der Umsetzung ihrer Arbeit zu gewähren, ohne dass man den Überblick verliert. Die gewonnene Transparenz ermöglicht es, Prozesse einfach und ohne viel Aufwand im Auge zu behalten und aufgrund dessen wenn nötig oder erwünscht Feedback zu geben.

Man sollte auch nicht vergessen, dass innerhalb der Generation Y mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten gefunden werden können, weshalb spezielle Massnahmen meiner Meinung nach nicht notwendig sind. Es macht dennoch durchaus für jede Führungskraft Sinn, zu versuchen, ihre Mitarbeiter zu verstehen und die Eigenheiten der verschiedenen Altersgruppen zu kennen. Am sinnvollsten ist es aber, die Leistung von Mitarbeitern durch die Unternehmenskultur, also das Umfeld, zum Positiven zu beeinflussen.

 

 

Quellen:

Böhlich, S. (2009). Personalmarketing umkrempeln. Personal61(11), 42-44.

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Gratton, L. (2011). Workplace 2025—What will it look like? Organizational Dynamics40(4), 246-254.

Hewlett, S. A., Sherbin, L., & Sumberg, K. (2009). How Gen Y & Boomers will reshape your agenda.Harvard Business Review87(7/8), 71-76.

Inglehart, R. (1989). Kultureller Umbruch: Wertwandel in der westlichen Welt. Campus-Verlag.

Klaffke, M. (2014). Millennials und Generation Z–Charakteristika der nachrückenden Arbeitnehmer-Generationen. In Generationen-Management (pp. 57-82). Springer Fachmedien Wiesbaden.

Parment, A. (2009). Die Generation Y: Mitarbeiter der Zukunft. Springer Fachmedien.

Parment, A. (2013). Die Generation Y: Mitarbeiter der Zukunft motivieren, integrieren, führen. Springer-Verlag.

Paterson, R. J., & Neufeld, R. W. (1995). What are my options?: Influences of choice availability on stress and the perception of control. Journal of Research in Personality29(2), 145-167.

Schulenburg, N. (2016). Eigenschaften der Generation Y. In Führung einer neuen Generation (pp. 7-19). Springer Fachmedien Wiesbaden.

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